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Was hat der Erste Weltkrieg mit mir zu tun? Ein Besuch einer sehenswerten Ausstellung in Liège

Im Wahlfach Französisch besuchten Schülerinnen des dritten und vierten Jahres am 9. Januar 2015 mit Herrn Beaumart die Ausstellung „J’avais vingt ans en 14“ im Bahnhof von Lüttich.

In sieben verschiedenen Teilen (z.B. „chefs d‘armées“, „résistants“, „soldats“) erwartet den Besucher ein umfassendes Panorama des Ersten Weltkriegs. Gleich im zweiten Raum wird man (auch akustisch) mit dem kriegsauslösenden Attentat von Sarajewo auf den österreichischen Thronfolger bekannt gemacht. Selbst eine Pistole des Typs, den auch der Attentäter benutzte, wird ausgestellt. Im Teil „chefs d’armées“ erfährt man, welche Länder sich in welchen Kriegsallianzen zusammenfanden und was ihre jeweiligen Kriegsziele waren. Viele originale Zeitungsausgaben der ersten Kriegstage berichten eindringlich über Mobilmachungen, Diplomatie und erste Kämpfe.

In der Ausstellung (es ist die größte über den Krieg 1914/18 in der gesamten Welt) steht Belgien immer im Vordergrund. Aber auch das Leben der Soldaten und der Zivilbevölkerung in den anderen am Krieg beteiligten Ländern wird dargestellt. Es wird deutlich, dass sich im Laufe der Zeit durch immer neue Kriegserklärungen wirklich ein Weltenbrand entwickelte.

Eindrucksvoll ist auch der Raum, in dem es um Spionage und Widerstand Belgiens gegen die deutsche Besatzung geht. So wird ein Verhör eines deutschen Offiziers mit der 22-jährigen belgischen Spionin Gabrielle Petit von Schauspielern nachgespielt. Eindringlich wird deutlich, wie standhaft sich die junge Patriotin dem Angebot der Straffreiheit für militärisch wichtige Informationen verweigert, das die Deutschen ihr machten. Gabrielle Petit lehnt es sogar ab, ein Gnadengesuch beim deutschen Kaiser einzureichen – und wird als Heldin hingerichtet.

Das Leben und Sterben an der Front wird ausführlich durch Texte dokumentiert, aber auch durch ein 360-Grad-Panorama eines Kampfes zweier Flugzeuge und durch die originalgetreue Nachbildung mehrerer Schützengräben. Wenn man hier eintritt, hat man durch Szenerie, Lichteffekte und Gefechtslärm tatsächlich kurz den Eindruck, sich mitten an der Front zu bewegen. Die Leiden der Zivilbevölkerung in allen beteiligten Ländern werden in der Ausstellung u.a. durch mehrere Räume deutlich, in denen ein völlig zerstörtes Privathaus nachgebaut wurde; man hört sogar ein verzweifeltes Kind nach seiner Mutter rufen.

Zwischendurch streut die Ausstellung bewegende Zitate von Weltkriegssoldaten ein, die immer wieder davon sprechen, wie sinnlos das Morden war und dass die Länder eigentlich geradezu dazu bestimmt waren, sich zu verstehen und zusammen die Zukunft zu gestalten.

Wie viele Staaten durch Verlauf und Ergebnisse des Ersten Weltkriegs entstanden sind, erfuhren die Schülerinnen im letzten Teil der Schau („vainqueurs“): Viele Staaten existierten zuvor nicht oder jedenfalls nicht in den Grenzen, die nach dem Ersten Weltkrieg in Versailles gezogen wurden.

In der Ausstellung ist allgemein die Vielfalt der Exponate bemerkenswert: Originale Alltagsgegenstände, Waffen und Zeitungen aus der Epoche werden mit heutigen Multimedia-Animationen und Großmodellen wie etwa dem eines kompletten Lazaretts im Teil „médecins“ kombiniert.

Unmittelbar nach der Besichtigung fiel es den Schülerinnen schwer zu sagen, was sie am meisten beeindruckt hat. Vielleicht war das Eindrucksvollste aber, gesehen zu haben, wie der Krieg die Menschen an der Front und daheim verändert hat. Kaum jemandem stand schon nach kurzer Zeit noch die Kriegsbegeisterung ins Gesicht geschrieben, die man so oft bei Soldaten feststellt, die zum angeblich kurzen und erfolgreichen Kampf in Zügen aufbrachen, auf denen Parolen wie „Ausflug an die Front“ angebracht worden waren. Zwar waren manche Fragen, die die Schülerinnen in der Ausstellung zu lösen hatten, durchaus knifflig; insgesamt hat sich der Ausflug jedoch sehr gelohnt. Nun freuen sich alle auf die Lektüre des Kriegstagebuchs einer jungen Französin, das die Unterrichtseinheit abrunden wird.

 

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