AUTORENLESUNG IM CFA-KELMIS
Frau Anna MIESZKOWSKA
" Die Mutter der Holocaust Kinder. Irena Sendler und die geretteten Kinder aus dem Warschauer Ghetto "

Frau Mieszkowska, ihre Übersetzerin Frau Usakowska und zwei Vertreter des Ministeriums der DG (Abteilung Geschichte) Frau Gabi Borst und Herr Herbert Ruland besuchten unsere Schule am Dienstag, den 25. November 2008.

Im Vorfeld hatten die Schüler im Deutschunterricht während einiger Kreisgespräche einiges über den geschichtlichen Hintergrund und insbesondere über die Entstehung des Warschauer Ghettos erfahren. Ausgehend von diesem Vorwissen und ihren persönlichen Recherchen über das Leben der Irena Sendler sollten sie nun Fragen für die Autorenlesung vorbereiten.

Beide Autorinnen waren von dieser geleisteten Vorarbeit beeindruckt und lobten unsere Schüler für ihre intelligenten, wissbegierigen Fragen, die sie gerne, offen und ehrlich beantworteten.

Schülerfragen:
1. Warum half Frau Sendler diesen Kindern, obwohl die dabei ihr Leben riskierte?
Für Irena Sendler ging es um die Rettung eines Volkes, denn Kinder bedeuten Zukunft. Sie sah es als ihre moralische Pflicht an, diese 2500 Kinder zu retten. Ihr Vater hatte sie gelehrt, dass alle Menschen ganz unabhängig von Rasse, Kultur oder Religion gleich sind. Für ihn galt nur eine moralische Unterteilung in gut und böse. Er brachte ihr bei, dass man Menschen in Not helfen müsse.

2. Wo wurden die Kinder vor der Flucht versteckt?
Vor der Flucht "überlebten" die Kinder wohl oder übel mit ihren Eltern im Ghetto. Viele verhungerten oder starben an verschiedenen Seuchen. Einige boxten sich durch Schmuggeln durchs Leben in der Hölle.

3. Wer hat ihr bei der Flucht geholfen?
Sie leitete eine geheime Organisation, in der Verwandte, Freundinnen, Verbindungsfrauen und ihr damaliger Chef mitwirkten. Letzterer versorgte die Kinder mit legalen Papieren, um ihre Existenz auf der "arischen Seite" nicht zu gefährden.

4. Wie hat Irena Sendler in diesen Jahren gelebt?
Sie lebte sehr bescheiden. Eine Tasche, ein paar Schuhe und nur die Sachen, die sie trug, besaß sie. Sie besaß wirklich nicht viel, wollte es auch so, denn sie fühlte sich frei von materiellen Gütern.

5. Wovon lebten die Menschen, insbesondere die Kinder im Warschauer Ghetto?
Es herrschten große Hungersnot, elendige Armut und tödliche Seuchen. Die Menschen bekamen z.B.; nur 400 Gramm vergammeltes Brot als Essensration pro Tag. Wenn Kinder verwaist waren, lebten sie meist auf der Straße und bettelten, andere versuchten durch Schmuggeln an Essen ranzukommen.

6. Warum gab es so wenig Menschen wie Irena Sendler in dieser Zeit?
Wenn man einem Juden auch nur andeutungsweise helfen wollte, so wurde man selbst und die ganze Familie verhaftet und zum Tode verurteilt. Demzufolge herrschte ein Klima der Todesangst.

7. Warum lebte die jüdische Bevölkerung überhaupt in einem Ghetto?
Sie wurden dort auf Befehl der damaligen Nazi-Regierung eingeschlossen, weil sie somit schneller zum Vernichtungslager nach Treblinka verfrachtet werden konnten. Es ging in der Hauptsache darum, das ganze jüdische Volk auszurotten.

8. Warum setzte sich Frau Irena Sendler so völlig selbstlos für diese Kinder ein?
Sie sah es als ihre Berufung an, diesen jüdischen Kindern zu helfen. Sie hätte sich selbst sonst nicht mehr ins Gesicht schauen können. Sie sagte: "Als die Deutschen Polen überfielen, erklärte ich Hitler den Krieg". Es war ihr gutmütiger und zugleich starker Charakter, der sie dazu brachte ihr Leben für Kinder, die sie gar nicht kannte, auf Spiel zu setzen.

9. Warum haben Sie, Frau Mieszkowska, dieses Buch geschrieben?
Zuerst wollte ich nur einen Artikel über sie schreiben. Doch als ich sie besser kennen lernte, vor allem ihre Bescheidenheit und ihre Heldentaten im Warschauer Ghetto, wurde aus dem Artikel wie von selbst ein Roman. Ich wollte der Welt ihre Zivilcourage beweisen.

10. Hatte Frau Irena Sendler keine Angst erwischt zu werden?
Irena Sendler sagte dazu, dass die Angst natürlich ist und dass jeder Mensch Angst empfindet. Aber in bestimmten, lebensbedrohlichen Situationen bekommt man übermenschliche Kräfte, die einen dazu verleiten weiterzumachen, ganz gleich was kommt.

11. Wie konnte Frau Sendler einen Gestapo-Beamten bestechen? (Ihr wurde bei der Verhaftung alles weggenommen)
Frau Sendler selbst hat den Gestapo-Beamten nicht bestochen. Die jüdische Hilfsorganisation, in der Frau Sendler eine wichtige Rolle spielte, hat ihre Freilassung bezahlt. Ihre Rettung war sehr wichtig, weil sie allein die alten und neuen Namen der 2500 Kinder kannte.

12. Hatte Frau Sendler nach dem Krieg Kontakt zu den geretteten Kindern des Warschauer Ghettos?
Irena Sendler hatte noch bis zu ihrem Tod Kontakt zu einigen geretteten Kindern, doch viele von ihnen haben erst seit der Veröffentlichung des Romans im Jahre 2004 erfahren, dass Frau Sendler sie gerettet hatten.

13. Welche Rolle spielte Frau Sendlers Vater in ihrem Leben?
Als Irena Sendler 7 Jahre alt war, starb ihr Vater. Er war ein katholischer Arzt, der ehrenamtlich arbeitete. Sie hat ihn verehrt, weil er ihr moralische Grundsätze beigebracht hat. Er spaltete die Menschheit in zwei Gattungen: die guten und die schlechten Menschen. Er lehrt sie, dass man Schwachen und Gefährdeten immer helfen sollte. Ganz egal, wenn man dabei sein eigenes Leben aufs Spiel setzte. Ihr Vater starb in einem Armenviertel an Typhus.


Frau Irena Sendlers Lebensphilosophie lautete:
"Um im Leben glücklich zu sein, braucht man: LIEBE, TOLERANZ UND DEMUT."