Vom Schicksal geführt

Es war regnerisch und kalt im Januar.
Euptatus, ein schlanker Junge von 13 Jahren, saß in einer Fensternische mit einem gedankenverlorenen Blick in die Ferne.
Seine Eltern hatten von einem Schloss gehört, das irgendwo dort draußen stehen sollte. Es war von Sagen umwoben und allen gruselte es, wenn jemand davon sprach.
Euptatus Eltern waren unheimlich reich und wollten eben dieses Gruselschloss kaufen, da sie nicht an diese Sage glaubten. Sie glaubten beide nicht an Geister oder Gruselgeschichten, ihr Sohn hingegen wollte nicht umziehen, und schon gar nicht in dieses Schloss.
Der alte Besitzer soll Dracula gewesen sein, dafür gab es sogar Beweise, denn man hatte ein Skelett gefunden, mit einem Dolch in seinem schlagenden Herzen. Es war ein besonderes Skelett, denn nur Vampire besaßen noch ein funktionierendes Herz, dass selbst in der Ewigkeit nicht verrotten oder auf hören zu schlagen konnte.
Der Graf liegt immer noch an seinem Todesort. Seine Frau war eine Hexe, die schon vor über Hunderten von Jahren auf dem Scheiterhaufen verbrannt worden war.
Bis zum heutigen Tage hat sich keiner getraut, Dracula zu entfernen, denn alle hatten Angst, dass der Dolch aus dem Herzen herausfallen würde, denn dann würde Monsieur Dracula in Fleisch und Blut vor einem stehen.
Der Umzugstag brach an.
Die Kartons waren schon gepackt und die Umzugwagen trudelten auch schon mit der Zeit ein, aber Euptatus fühlte sich noch immer nicht bereit, sein altes Heim zu verlassen. Hier, in diesem Haus wurde er geboren und er wollte auch bis zu seinem Ende hier leben!
Doch er hatte keine Wahl. Er verabschiedete sich von seinem Geburtshaus und stieg in den Umzugswagen ein.
Nach drei Stunden Fahrt kamen sie an. Euptatus sah zum ersten Mal sein neues Zuhause. Das Schloss besaß mehrere Türme und war unheimlich groß. Seine Eltern stolzierten ein "wie zwei Mäuse in eine Falle", so dachte Euptatus.
Widerwillig folgt er ihnen und als er erstmal drin war, wollte er nicht mehr raus!
Das Schloss war geschmackvoll eingerichtet und es gab viel zu erkunden. Sein alter Besitzer musste ein Sammler gewesen sein. Er ging von Zimmer zu Zimmer und anschließend stieß er auf so eine riesige Bibliothek, wie er sie noch nie in seinem ganzen Leben gesehen hatte! Alle Bücher waren makellos nach dem Alphabet in hohen Eichenregalen sortiert, bis auf ein Buch. Es war Euptatus sofort aufgefallen.
Das Buch war in einer Vitrine und anscheinend sehr wertvoll. Euptatus ging darauf zu und holte es heraus. Aber kaum hatte er es angefasst, wurde er in einen magischen Bann versetzt. Er konnte nichts machen, denn sein Körper gehorchte ihm nicht mehr. Wie von magischer Hand geleitet, ging er in den Keller zusammen mit dem Buch, welches er nicht loslassen konnte und ihn führte. Schließlich wurde er gestoppt und vor ihm lag Draculas Skelett. Euptatus konnte den Dolch im schlagenden Herzen sehen und setzte sich in Bewegung, um den Dolch heraus zuziehen. Kurz darauf stand Dracula wieder in Fleisch und Blut vor Euptatus, der das Buch fallen ließ und wieder bei vollem Verstand war. Sofort bekam er es mit der Angst zu tun, aber irgendetwas hielt ihn davor zurück wegzulaufen, er wusste nur nicht was. "Mein Name ist Gregoro", sprach er Euptatus an.
-"Du bist dann also Euptatus, wenn ich mich nicht irre", meinte Gregoro.
-"Woher kennen Sie meinen Namen?"
-"Er steht vorne auf deinem Buch drauf. Ich habe es geschrieben, denn damals, als ich noch kein Vampir war, hieß ich auch Euptatus genauso wie du!"
-"Aber warum konnte das Buch mich zu Ihnen führen?"
-"Weil meine Frau es kurz vor ihrem Tod mit einem Bann belegt hat, dass der, der genauso heißt wie ich damals hieß, mich befreien würde und anschließend die Schritte zur Hexerei antreten muss! Aber dass so ein Jüngling wie du kommt, hätte ich echt nicht gedacht. Pardon aber du hättest zehn Jahre später kommen sollen. Doch jetzt ist es wohl zu spät, also lass uns beginnen!"
-"Und was bitte schön sollte ich ihrer Meinung nach jetzt machen?"
-"Das liegt ganz allein bei dir. Nur du und das Buch kennen den richtigen Weg. Du musst es nur anfassen!"
Also hob Euptatus das Buch auf und befand sich wieder im magischen Bann. Diesmal konnte er nicht vom Buch geleitet werden, sondern sogar mit ihm sprechen.
"Suche drei dir auffallende Sachen und bring sie, wenn du sie beisammen hast, hinunter zum Dracula. Doch passe auf, denn wenn du dich nicht vom Schicksal führen lässt und überlegst, ob der Gegenstand richtig ist, dann wirst du in einen Stein verwandelt. Der Bann brach und Euptatus konnte das Buch nicht mehr hören, war dafür aber geschockt. Er wollte auf keinen Fall als Stein enden und machte sich auf den Weg.
Auf dem Weg nach oben sah er ein verstaubtes Kettchen liegen. Er hob es auf, um den Anhänger anzuschauen, welcher smaragdgrün schimmerte. Euptatus hängt ihn sich um da er für ihn auffällig schien und wunderschön aussah, doch als er ihn geschlossen hatte, ging durch die noch vorher eiskalte Kette eine pulsierende Wärme. Da verstand Euptatus, dass die Entscheidung richtig war. Als er weiter rauf ging, fiel ihm ein Pfeil auf, der nach rechts zeigte. Also folgte er ihm und fand auch schon bald einen roten Ring. Er streifte ihn über und wieder fing die Wärme im Gegenstand an zu pulsieren. Das Schicksal hatte ihm zum zweiten Gegenstand geführt. Er ging zurück, verpasste allerdings den Ausgang, da der sich verschlossen hatte. Nach einiger Zeit wunderte Euptatus sich, dass der Gang kein Ende hatte. Er tappte lange im Dunkeln, dann sah er eine Lichtung. Als er hineintrat, stürzte sich eine Schar Fledermäuse auf ihn. So schnell er konnte, lief er weg. Als sie schon fast bei ihm waren, übermannte wieder mal eine magische Kraft seine Hand. Sie schoss mit dem roten Ring in Richtung der Fledermäuse gerichtet in die Luft. Ein leuchtend rotes Licht erstrahlte und alle Fledermäuse waren bis auf das Skelett verschwunden.
Euptatus schaute sich auf dem schaurigen Platz um, da sah er zwischen den Überresten einen zweiten, diesmal aber blauen Ring auf dem Boden liegen.
"Er musste in einer Fledermaus gesteckt haben", überlegte Euptatus und hob ihn auf. Wieder kam die pulsierende Wärme, doch diesmal fühlte sich Euptatus nicht nur wohl, sondern auch irgendwie vollendet.
Euptatus fasste das Buch an, welches ihn zurück zum Dracula führte.
"Sehr gut!" lobte dieser ihn. "Doch damit du diese Steine auch weiterhin benutzen kannst, ohne plötzlich tot umzufallen, muss ich dich mit einem Bann belegen. Dafür brauche ich sieben Tropfen deines Blutes.
Euptatus merkte, dass der Graf gefährlich wurde. Er sagte ihm, dass er morgen um Mitternacht sein Blut bekommen würde und lief weg.
Euptatus nahm das Buch in die Hand und horchte angestrengt bis es schließlich doch noch anfing zu sprechen: "Du hast zwar die Steine gefunden, doch waren sie einst für Gregoro bestimmt. Er kann die Steine nicht benutzen, da er ein Vampir geworden ist. Aber wenn er auch nur einen Tropfen deines Blutes bekommt, welches du freiwillig opferst, werdet ihr die Rollen tauschen und du wirst ein Vampir sein. Du musst ihn wieder zum ewigen Schlaf bringen. Das schaffst du nur um 12 Uhr Mittag, wenn er schläft. Genau dann musst du ihm den Dolch ins Herz rammen, wo er auch hingehört."
Als er das hörte, wusste er warum es so wichtig war, dass er Euptatus hieß, denn nur so konnten die Rollen getauscht werden. Nur so konnte der Vampir endlich in Ruhe sterben, denn das war nach über 1000 Jahren sein sehnlichster Wunsch geworden. Euptatus wollte nicht als Vampir enden, also machte er sich auf den Weg zum Keller. Als er endlich unten ankam, fand er den Vampir schlafend vor, das war kurz vor 12 Uhr. Allerdings musste er noch den Dolch finden. Er suchte überall im Raum und fand ihn schließlich auf dem Sarg, in dem der Vampir lag. Anschließend musste er sich beeilen, schob den Deckel weg. Um punkt 12 stach er zu Draculas Geist entfloh in die ewige Ruhe und Euptatus war somit gerettet.


THUMM
Angelika